Mythos: Die Tierhaltung ist entscheidender Bestandteil der Kreislaufwirtschaft.
Der Kreislaufwirtschaft liegt der Gedanke zugrunde, dass dem Boden die durch den Anbau und dem Konsum von Pflanzen entnommenen Nährstoffe wieder zurückgegeben wird. Demzufolge müssen alle Primär‑, Sekundär- und Endkonsumenten ihre Stoffwechselprodukte und schließlich ihre (Rest-) Körper dem Boden zurückführen [34].
Ein geschlossener biologischer Kreislauf ist in der deutschen, wie in praktisch jeder modernen Landwirtschaft nicht vorhanden. Der Kreislauf einer Landwirtschaft mit Tierhaltung ist gleich mehrfach gebrochen.
(i) Gemäß der Kreislaufwirtschaft müssen Nährstoffe über Exkremente, aber auch Körper der Tiere und Menschen wieder auf die entnommenen Böden zurückgebracht werden. Allerdings werden hauptsächlich Gülle und gewisse Schlachtabfälle der Tiere auf das Feld ausgebracht, kaum jedoch tierische Produkte, die vom Menschen und Haustieren verzehrt und verdaut werden (Fleisch, Milch, Eier). Die Exkremente der Menschen werden über Klärwerke gesammelt, in denen wichtige Nährstoffe dem Kreislauf durch Umwandlung in Gase oder Abgabe an die Industrie entzogen werden ([12], S.57). Nur ein sehr geringer Anteil des Klärschlamms darf aufgrund problematischer Bestandteile (Industrie‑, Haushalts‑, Medikamentenrückstände und Krankheitserreger) in der Landwirtschaft eingesetzt werden ([12], S.42). Tierische Produkte, die vom Menschen nicht verzehrt, aber anderweitig genutzt werden (Tierhäute, Blut, Knochen, Fette) werden dem Kreislauf komplett entzogen. Praktisch und ethisch schwer möglich ist es, die Körper der Haustiere und Menschen den landwirtschaftlichen Flächen wieder zurückzugeben.
(ii) Den Tieren werden über importiere Pflanzen Nährstoffe fremder Böden zugeführt. Deutschlandweit beträgt der Auslandsanteil am Futteraufkommen von verdaulichem Eiweiß 33% ([9], S.10). Eine Rückführung der Nährstoffe erfolgt nicht, so dass den Ländern (primär USA, Brasilien, Argentinien) über diesen gebrochenen Kreislauf die Nährstoffe unwiederbringlich genommen werden. Auf der anderen Seite führt das Überangebot an Stickstoff und Phosphor zu zahlreichen Gesundheits- und Umweltproblemen. Das Überangebot an Stickstoff [10] führt regelmäßig zu einem Überschreiten der EU-Grenzwerte für die gesundheitsschädliche Nitratbelastung des Grundwassers ([13], S.71). Stickstoff und Phosphor gelangen schließlich über Flüsse auch zu Seen und Meeren, wo sie eine Eutrophierung auslösen. Zudem wird die Biodiversität verschiedener Ökosysteme gestört und die Luftqualität nimmt durch von Ammoniak erzeugten Feinstaub ab ([13], S.105 ff).
(iii) Der enorme Futtermittelbedarf erfordert eine Intensivierung der Landwirtschaft unter Einsatz von Kunstdünger und Pestiziden. So ist in Deutschland mehr als die Hälfte (56%) des Stickstoffdüngers Kunstdünger ([13], S.63). Der Absatz von Pestiziden für die Landwirtschaft lag in Deutschland im Jahr 2016 bei über 32 tausend Tonnen Wirkstoff ([13], S.54). Im Zeitraum 2009–2012 wurden die Grenzwerte für Herbizide, Fungizide und Insektizide im Grundwasser in ca. 5% der Stichproben überschritten ([13], S.111).
Die Tierhaltung ist somit kein notwendiger Bestandteil einer Kreislaufwirtschaft, sondern vielmehr ein ressourcenintensiver Faktor, der die Stoffstrombilanz ins Ungleichgewicht bringt.
Ohne Rückführung menschlicher Exkremente und Körper ist eine Landwirtschaft ohne Tiernutzung (bio-vegane Landwirtschaft) zwar auch keine vollständig geschlossene Kreislaufwirtschaft, jedoch kann sie ohne Zuführung synthetischer Dünger und Pestizide nachhaltig praktiziert werden. Den wichtigsten Makronährstoff Stickstoff können Leguminosen in ausreichender Menge über eine Symbiose mit Knöllchenbakterien aus der Luft fixieren. Über die regelmäßige Gründüngung mit Leguminosen und die zusätzliche Ausbringung von selbst erzeugtem, biozyklischem Humus und reifem Kompost können dem Boden gebundener Stickstoff und alle anderen Makro- und Mikronährstoffe zugeführt werden. Die Erzeugung des Humus und Komposts kann zum einen über zyklische Fruchtfolgen ([14], Kap. 3.1.1.1) und zum anderen über einen Teil der zuvor für Futtermittel benötigten Flächen erfolgen ([14], Kp. 3.6). Dort etwaig entstehende Nährstoffdefizite können über natürlich verfügbare Hilfsstoffe (z.B. Rohphosphat, Kaliumsulfat, Magnesiumsulfat) ausgeglichen werden [15],[16].