My­thos: Die Tier­hal­tung er­mög­licht in Deutsch­land vie­ler­orts erst die Er­zeu­gung von Lebensmitteln.

Der Aus­sage liegt die Be­haup­tung zu­grunde, es gäbe in Deutsch­land viele Flä­chen, auf de­nen keine für den Men­schen ess­ba­ren Pflan­zen an­ge­baut wer­den kön­nen, son­dern le­dig­lich Fut­ter­mit­tel für Tiere. In der Tat ist et­was mehr als ein Vier­tel (28%) der land­wirt­schaft­li­chen Nutz­flä­che Dau­er­grün­land und dient vor­wie­gend dem An­bau von Grä­sern zur Ver­füt­te­rung an Milch­kühe und Mast­rin­der ([13], S.45). Bei die­sem Dau­er­grün­land han­delt sich aber nicht um na­tür­li­ches Ur­gras­land (Steppe, Sa­vanne) auf­grund ge­rin­ger Nie­der­schlags­men­gen oder dem Klima, son­dern um an­thro­po­ge­nes Gras­land, das ehe­mals Wald war [30]. So­wohl Nie­der­schläge als auch Nähr­stoff­ge­halte der Bö­den er­lau­ben prin­zi­pi­ell den An­bau von für Men­schen ess­bare Pflan­zen. Le­dig­lich für land­wirt­schaft­li­che Ge­räte schlecht zu­gäng­li­che Ge­biete sind für den ge­ziel­ten Pflan­zen­an­bau un­ge­eig­net. In Deutsch­land sind dies Licht­wei­de­flä­chen in den Al­pen- und an­de­ren Berg­re­gio­nen. Sie ma­chen aber nur 0,3% der land­wirt­schaft­li­chen Nutz­flä­che aus. Über diese Flä­chen wer­den nur 0,8% der Mast­rin­der und 0,1% der Milch­kühe mit Grä­sern versorgt.

Ohne Tier­hal­tung wird ein Groß­teil der land­wirt­schaft­lich nutz­ba­ren Flä­che aber so­wieso nicht be­nö­tigt, so dass so­wohl der sehr ge­ringe An­teil an Licht­wei­de­flä­chen un­be­wirt­schaf­tet blei­ben, als auch das Gras­land — dort wo sinn­voll — wei­ter re­na­tu­riert wer­den kann (z.B. durch Um­wand­lung in Wald, Moore). Zu­sätz­lich kön­nen Teile des für Fut­ter­mit­tel ge­nutz­ten Acker­lands auf­ge­fors­tet oder in bio­di­ver­ses Gras­land um­ge­wan­delt werden.

Dass der Mensch auf tie­ri­sche Nah­rungs­mit­tel nicht an­ge­wie­sen ist, hat un­ter an­de­rem die Ame­ri­ka­ni­sche Ge­sell­schaft für Er­näh­rung im Jahr 2016 of­fi­zi­ell be­stä­tigt. Dem­nach ist eine rein pflan­zen­ba­sierte Er­näh­rung für alle Pha­sen des Le­bens­zy­klus ge­eig­net, ein­schließ­lich Schwan­ger­schaft, Still­zeit, Säug­lings­al­ter, Kind­heit, Ju­gend, hö­he­res Er­wach­se­nen­al­ter und für Sport­ler. Der Kon­sum tie­ri­scher Pro­dukte ist hin­ge­gen Ur­sa­che für be­stimmte Er­kran­kun­gen, dar­un­ter ischä­mi­sche Herz­krank­heit, Typ-2-Dia­be­tes, Blut­hoch­druck, be­stimmte Krebs­ar­ten und Fett­lei­big­keit [8].

 

Die Uni­ver­si­tät Ox­ford be­stä­tigt in ei­ner Stu­die, dass pflan­zen­ba­sierte Er­näh­rung so­wohl am ge­sün­des­ten als auch kli­ma­schon­ends­ten ist [7]. Es ist wis­sen­schaft­li­cher Kon­sens, dass die Pro­duk­tion tie­ri­scher Pro­dukte ein Viel­fa­ches an Flä­che im Ver­gleich zu pflanz­li­chen Al­ter­na­ti­ven be­nö­tigt. Eine glo­bal an­ge­legte Meta-Stu­die der Uni­ver­si­tät Ox­ford be­legt die In­ef­fi­zi­enz: welt­weit wer­den 83% der land­wirt­schaft­li­chen Flä­chen für die Pro­duk­tion von Fleisch, Aqua­kul­tur, Ei­ern und Milch ge­nutzt, wäh­rend diese Pro­dukte nur 18% der Le­bens­mit­tel­ka­lo­rien und 37% des Pro­te­ins lie­fern [6]. In Deutsch­land wer­den ca. 60% der land­wirt­schaft­li­chen Flä­chen für die Tier­hal­tung be­nö­tigt ([22], S.32), je­doch er­höht sich die­ser Wert deut­lich, wenn die Flä­chen für die Pro­duk­tion des im­por­tier­ten Fut­ter­mit­tels mit ein­ge­rech­net würden.

 

Da der mensch­li­che Kör­per tie­ri­sche Pro­dukte nicht be­nö­tigt, kön­nen so­mit Flä­chen, die für die Pro­duk­tion tie­ri­scher Pro­dukte ge­nutzt wer­den, frei­ge­ge­ben wer­den. 76% der ge­sam­ten für Nah­rungs­mit­tel ge­nutz­ten Flä­chen kön­nen auf­ge­fors­tet, in Moore oder in bio­di­ver­ses Gras­land um­ge­wan­delt wer­den [6].

Durch Auf­fors­tung der frei­ge­wor­de­nen Flä­chen kön­nen dem Kli­ma­wan­del und dem Kol­laps der Bio­di­ver­si­tät ef­fek­tiv ent­ge­gen­ge­wirkt wer­den. Bis zu 55% des durch fos­sile En­er­gie­trä­ger jähr­lich glo­bal emit­tier­ten Koh­len­di­oxids kann durch die Um­wand­lung von Tier­hal­tungs­flä­chen in Wald und bio­di­ver­ses Gras­land auf­ge­nom­men wer­den [32][33].